Pulque in Mexiko: Das heilige Getränk der Azteken lebt weiter

Lesedauer 4 Minuten

Einleitung: Pulque ist mehr als nur ein Getränk

Pulque ist kein Trendgetränk wie Bubble Tea oder Matcha Latte. Es ist flüssiges Kulturerbe, ein fermentiertes Geschenk der Götter, tief verwurzelt in der Geschichte der Mesoamerikaner. Schon die Azteken nannten es “octli” und tranken es nur bei heiligen Zeremonien. Heute erlebt das Getränk ein erstaunliches Comeback – besonders bei jungen Leuten in urbanen Regionen, die auf der Suche nach etwas “Echtem” sind. Doch was steckt eigentlich hinter diesem legendären Gebräu?

Frisch servierter Pulque in Mexiko aus einem Tonkrug in eine traditionelle Schale

Was ist Pulque überhaupt?

Es ist ein traditionelles mexikanisches Alkoholgetränk, das aus dem fermentierten Saft der Maguey-Pflanze (Agave) gewonnen wird. Im Gegensatz zu Tequila oder Mezcal, die destilliert werden, wird Pulque nur vergoren. Das Ergebnis ist ein leicht dickflüssiges, milchig-weißes Getränk mit einem Alkoholgehalt von etwa 4 bis 7 Prozent. Geschmacklich ist es säuerlich, leicht hefig und wird häufig mit Früchten oder Nüssen aromatisiert. In Mexiko heißen diese Mischungen “curados”.

Die Herstellung: Von der Pflanze zum Kultgetränk

Die Produktion ist ein langsamer, handwerklicher Prozess. Zuerst muss die Maguey-Pflanze reif sein – das dauert bis zu 12 Jahre. Dann wird der zentrale “Herzbereich” der Pflanze ausgehöhlt, sodass sich der Saft (aguamiel) darin sammelt. Mehrmals täglich wird dieser mit einem speziellen Schlauch abgesaugt und anschließend in große Gärbehälter überführt. Dort beginnt die natürliche Fermentation, die ohne zusätzliche Hefen auskommt. Nach ein bis zwei Tagen ist der Pulque trinkfertig. Er wird nicht pasteurisiert, muss also frisch konsumiert werden.

Traditioneller Pulque in Mexiko in einem Tonkrug vor einer Agave

Ein Comeback mit Stil

In den letzten Jahren erlebt Pulque eine Renaissance. Junge, alternative Szenen in Mexiko-Stadt, Guadalajara und Puebla entdecken das Getränk neu. In sogenannten “Pulquerías” wird nicht nur das Getränk, sondern auch ein Stück mexikanischer Geschichte serviert. Die Stimmung dort ist oft folkloristisch, mit Live-Musik, Kunstinstallationen und einem rebellischen Vibe gegenüber globalisierter Massenkultur.

Pulque und Gesundheit: Superfood oder Mythos?

Viele Mexikaner schwören auf die gesundheitlichen Vorteile von Pulque. Es soll probiotisch sein, gut für die Verdauung, reich an Vitaminen (besonders B-Komplex) und sogar aphrodisierend wirken. Wissenschaftlich belegt ist vieles davon nicht eindeutig, aber klar ist: Pulque war schon früh ein nährstoffreiches Volksgetränk – vor allem für Bauern, die oft nichts anderes hatten als eine Schale fermentierten Maguey-Saft.

Kulturelle Bedeutung und historische Tiefe

Dieses uralte Getränk ist tief verwoben mit der Identität der indigenen Völker. Die Azteken betrachteten es als heilig. Nur Priester, Krieger und Auserwählte durften es trinken – und nur zu bestimmten Anlässen. Mit der Kolonialisierung kam die christliche Moral, und Pulque wurde diffamiert. Erst in der mexikanischen Revolution kam es wieder zu einer kulturellen Aufwertung. Inzwischen gilt es nicht nur als Relikt der Vergangenheit, sondern auch als Symbol für Widerstand, Autonomie und Wiederverwurzelung.

Pulque vs. Tequila & Mezcal

Wer Pulque einmal probiert, stellt schnell fest: Es hat wenig mit Tequila oder Mezcal zu tun. Letztere sind hart, klar, gebrannt – Pulque hingegen ist weich, lebendig und roh. Tequila ist global vermarktet, Mezcal hip – Pulque bleibt ein Geheimtipp, das authentische Mexiko in der Flasche. Und genau das macht es so faszinierend.

Pulque-Tourismus und regionale Hotspots

Wer dieses besondere Getränk wirklich erleben will, muss raus aus den Touristenzentren. Gute Anlaufstellen sind Tlaxcala, Hidalgo, Puebla und der Süden des Bundesstaates Mexico. Dort kann man Maguey-Farmen besuchen, den Ernteprozess live erleben und frischen Pulque direkt beim Produzenten kosten. Besonders empfehlenswert ist eine Tour durch die “Ruta del Pulque” in Hidalgo.

Bunte Auswahl an Pulque in Mexiko mit verschiedenen Geschmacksrichtungen

Fazit: Pulque ist mehr als ein Getränk

Pulque ist Identität, Geschichte und Widerstand in einem. Es ist ein lebendiger Teil des kulturellen Gedächtnisses, der gerade eine erstaunliche Wiedergeburt erlebt. Wer sich für das wahre Mexiko interessiert, kommt an Pulque nicht vorbei.

In vielen kleinen Städten und Dörfern rund um Mexiko-Stadt, Puebla und insbesondere im Bundesstaat Hidalgo spielt Pulque bis heute eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben. Auf Stadtfesten, Jahrmärkten und religiösen Feierlichkeiten wird Pulque oft direkt aus dem Fass oder traditionellen Tonkrügen ausgeschenkt – mal naturbelassen, mal mit exotischen Zutaten wie Ananas, Nüssen oder sogar Hafer verfeinert.

Je ländlicher die Region, desto präsenter ist Pulque im Alltag. In manchen Gemeinden existieren noch originale Pulquerías – rustikale Trinkhallen, in denen Generationen von Einheimischen ihren Pulque im Stehen genießen und dabei Geschichten, Witze oder politische Meinungen austauschen.

Ein kurioser Fun Fact: Pulque galt früher als Heilmittel, insbesondere für Schwangere, denen man mit dem fermentierten Agavensaft Kraft und Reinheit zuführen wollte. Und noch heute hört man nicht selten den Spruch, Pulque „fegt die Leber durch“ – ein Hinweis auf seine angeblich reinigende Wirkung.

Wer das authentische Mexiko erleben möchte, kommt an einem Glas frischem Pulque nicht vorbei. Es ist nicht nur ein Getränk, sondern ein kulturelles Erbe, das bis heute stolz und lebendig weitergetragen wird.

Mehr zum Thema mexikanische Kultur und Gesellschaft findest du hier bei Mexidom:

Zusätzlich empfehlen wir weiterführende Lektüre zur Geschichte und Bedeutung von Pulque:

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